Sonntag, 28. Februar 2016

Halbjahresbericht

Halbjahresbericht 

Ich bin jetzt schon sechs Monate in Costa Rica und fühle mich recht wohl hier, auch wenn es nicht einfach ist, das gewohnte Leben und vor allem seine Familie zurückzulassen. Ich habe mich vor allem für dieses Jahr entschieden, weil ich selbständiger und unabhängiger von meinen Eltern werden wollte. Außerdem wollte ich eine tolle Zeit verbringen, neue Erfahrungen machen und Abenteuer erleben. All meine Erwartungen haben sich schon nach der Halbzeit erfüllt, auch wenn die Zeit hier doch anderes als gedacht war und ist, vor allem auch die Leute und die costa-ricanische Kultur. Ich habe viel über mich selbst gelernt, mein Spanisch verbessert und Neues kennengelernt. Allein in dieser Hinsicht war das Jahr ein voller Erfolg.

Mein Projekt ist das CenCinai San Antonio de Belen, eine staatliche und kostenlose Kindergartenkette, welche vor allem für Kinder aus einfacheren Verhältnissen gedacht ist. Mein CenCinai ist sehr klein, es gibt eine Vormittagsgruppe und eine Nachmittagsgruppe, jeweils aus zwanzig Kindern bestehen. Hinzu kommt die Erzieherin, eine Köchin (die auch putzt) und ich. Doch es ist nicht nur ein Kindergarten, sondern es gibt auch ein Ernährungsprogramm. Milchpulver wird verteilt an Kinder, Säuglinge und Schwangere und für unterernährte Kinder wird eine komplette Verpflegung zur Verfügung gestellt. Doch für diese Leistungen muss man ein sehr geringes Einkommen haben.
Die meisten meiner Kinder leben sehr simple, aber irgendwie merkt man das den gar nicht an. Dieser Teil ist für mich einer der wichtigsten Auswirkung, welches das Projekt auf mich hat. Weil ja klar, ich lerne sehr viel über Kinder, wie man mit ihnen umgeht und sich um sie kümmert, aber vor allem, dass Kinder nicht viel brauchen um glücklich zu sein. Und das es für sie gar nicht schlimm ist, nicht viel zu haben. Viele werden Zuhause geschlagen oder leben in schwierigen Situationen, wo zum Beispiel der Vater Drogenabhängig ist. Hier ist auch die Beziehung eines Kindes zu seiner Mutter enger als zu seinem Vater. An alleinerziehende Väter wäre hier nicht zu denken, dass wäre sofort als anstößig erachtet und bei Problemen mit dem Kind oder bei Elternabenden spricht man nur mit der Mutter. Das ist sehr anders zu Deutschland, wie auch sonst vieles. Aber ich wollte auch in ein Land, was komplett anders als Deutschland ist. Denn die Erfahrungen die ich hier mache, sind einzigartig. Auch wenn ich vieles nicht verstehe und unterstützen kann. Dann nicht zu verurteilen ist nicht einfach. 
Meine Hauptaufgabe liegt in der Betreuung der Kinder und in der Assistenz der Erzieherin. Ich bin für die Kinder da, herze sie, spiele, bastel und helfe ihnen beim Essen und mache alles, was sonst noch so eben anfällt, wie ausschneiden oder auch kopieren gehen. Und den Boden fegen, Tische wischen usw. 
Mir fällt es leicht mit den Kinder zu arbeiten, jedoch ist es nicht immer einfach, sich selbst zu motivieren und anzutreiben. Denn so ganz ist das nicht mein Job. Es macht mir Spaß mit den Kindern zu sein, aber ich langweile mich oft und mein Gehirn wird gar nicht benutzt und das fehlt mir. Mich mit der Untätigkeit zufrieden zu geben, ist für mich nicht gerade leicht. Aber ich weiß schon jetzt, wie sehr ich meine Babys vermissen werde! Denn man hängt sehr sein Herz an sie und ich freue mich jeden Tag, sie wiederzusehen.
Meine Aufnahme war eher unfreundlich, auch wusste meine Erzieherin garnicht das ich komme, der Chef hatte vergessen Bescheid zu sagen. Außerdem gab es Probleme mit der Köchin, weil diese mich sehr unfreundlich behandelte. Aber ich habe sie auf meine Probleme angesprochen und wir haben es geklärt. Meine Einlebung war also nicht einfach und ging recht schleppend voran, aber seit Weihnachten läuft es deutlich besser und ich werde mehr gebraucht. Ich habe meinen Platz gefunden und mich gut eingearbeitet. Es gibt eine tagtägliche Routine und ich verstehe mich gut mit meinen Arbeitskolleginnen, die Atmosphäre ist angenehm. Im Laufe der Zeit wurde mir mehr Verantwortung übertragen, mir Vertrauen entgegengebracht und meine Tätigkeit als wichtig erachtet. Vor allem im Januar und Februar war ich notwendig, denn es kamen neue Kinder, die sich erstmal eingewöhnen müssen. Das ist nicht sehr einfach und auch sehr anstrengend, denn nicht viele haben Regeln Zuhause und anderen weinen sehr viel, weil sie es nicht gewöhnt sind, ohne ihre Mutter zu sein. Im Kindergarten lernen sie dann zu teilen, sich an Regeln zu halten und mit anderen Kindern zu sein. In Belen ist die Situation nicht so prekär wie in anderen Gegenden. Viele haben genug zu Essen und ein Raum zu schlafen, wenn auch nur ein kleiner. Der Kindergarten ist vor allem dazu da, dass die Kinder lernen mit anderen Kindern umzugehen.
Mit gefällt mein Projekt und obwohl ich mich langweile, habe ich sehr viel gelernt, vor allem über Kinder. Und dieses Wissen ist für das ganze Leben. Und ich habe Kontakt zu der ärmeren Bevölkerung, was ich besonders interessant finde. Vielleicht kann ich sogar mal mit zu den Hausbesuchen.

Costa Rica habe ich mir vollkommen anders vorgestellt. Die Menschen sind ganz anders als gedacht und die Kultur auch. Ich habe mich vor meinem Jahr nicht sehr doll mit Costa Rica beschäftigt, vor allem keine Bilder mir angeschaut, weil ich mich überraschen wollte und das wurde ich sehr positiv. Costa Rica ist ein sehr tolles Land zum Reisen, aber nicht zum Leben.
Je länger ich hier bin, umso mehr bekomme ich mit, wie hart das Leben hier ist. Es gibt keine Arbeitslosenversicherung. Wer einen Job verliert und keinen neuen findet, hat Pech gehabt. Jedoch sind auch aus dem Grund die Familienbänder sehr eng hier. Freunde jedoch sind weniger notwendig. Costa-Ricaner sind meist sehr freundlich und offen, aber eher oberflächlich bei außerfamilären Beziehungen. Desweiteren sind die Gehälter supergering und die Lebenshaltungskosten sehr hoch. Und das ist auch der Grund warum die Kinder hier solange Zuhause Leben. Denn sie bleiben bis sie heiraten. Passiert also oft, das die Kinder bis in die dreißiger rein bei Ihnen Eltern leben. Denn Alleine ist es eigentlich unmöglich, sich eine eigene Wohnung zu finanzieren. Jedoch obwohl die Lebenskosten so hoch sind, ist die klassische Rollenverteilung noch sehr weit verbreitet. Oft bleibt die Mutter Zuhause und kümmert sich um Haushalt und um die Kinder und der Vater geht arbeiten. 
Das Land ist, vor allem im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Ländern so vorangeschritten und doch merkt man, dass es noch bei vielem zurückhängt. Dadurch das es ein Wohlfahrtsland im Vergleich mit den Nachbarländern ist, gibt es sehr viele Immigranten hier. Vorallem Nicaraguaner und Kolumbianer. Diese sind oft nicht gut angesehen und werden viel diskriminiert, obwohl sie die Jobs machen, für die die Costa-Ricaner zu schade sind. Die Immigranten werden auch für die steigende Gewalt und Unsicherheit im Land verantwortlich gemacht. Ich verteile fast jeden Freitag Essen an Obdachlose, wo ich viele der Probleme Costa Rica sehe und mitbekomme. 
Die Einstellungen der Menschen erinnern mich ein bisschen and die Einstellung der Generation meiner Großeltern und es kommen neue Ideen von der sehr kreativen Jugend, die an die Generation meiner Eltern erinnert. Es gibt sehr viele Unterschiede zu Deutschland und das war mir vorher garnicht bewusst. Aber ich finde es sehr interessant, diese zu entdecken. Und ich wertschätze das Leben in Deutschland immer mehr. Denn was für ein Glück wir haben, in Deutschland zu leben und aufzuwachsen, ist vielen garnicht bewusst. Vorallem was für Privilegien und Vorteilen damit verbunden ist.
Erschrocken war ich bei dem Umgang hier mit der Umwelt. Es wird kaum Müll getrennt, das Abwasser fließt ungefiltert ins Meer usw. Und dabei ist ja Costa Rica bekannt für seine Nationalparks und Umweltschutz. Aber die Realität sieht ganz anders aus und es herrscht auch kaum Bewusstsein dafür bei der Bevölkerung. Jedoch wandelt sich das auch, aber nur sehr langsam. Das Leben hier ist ruhiger und langsamer. Ganz nach dem Prinzip "Pura Vida", was eigentlich für pures Leben steht, aber für vieles mehr verwendet wird. Das Lebensmoto hier. Und die Menschen sind verrückt hier nach Fußball wie ich es noch nie erlebt habe!
Bei der Natur und Landschaft jedoch wurden meine Vorstellungen übertroffen, Costa Rica ist echt ein wunderschönes und sehr vielfältiges Land! Und das Reisen macht sehr viel Spaß hier. Überall entdeckt man was neues oder wird vollkommen überrascht! 
Meine Wahrnehmung über das Land haben sich jedoch schon sehr geändert und entwickelt. Am Anfang war ich sehr erschrocken und kritisch, aber inzwischen bin ich verständnisvoller mit dem Handeln der Menschen hier. Ich habe die Gründe der Menschen dafür kennengelernt und verstanden. Und sehr tolle Menschen kennengelernt, darunter den ältesten Mann der Welt, welcher aus Costa Rica stammt.

Insgesamt fühle ich mich wohl in Costa Rica, auch wenn mir Deutschland und meine Familie mehr fehlt als gedacht. In mir herrscht immer noch eine gewisse Unsicherheit über meine Rolle und meinen Platz hier. Ich habe Freunde gefunden, aber vor allem costa-ricanische Freunde zu finden, fällt vielen schwer. Doch zum Glück läuft das bei mir ganz gut. Der Alltag hat schon komplett um sich gegriffen, jedoch führe ich hier eher etwas wie ein Zweitleben. Es fühlt sich so an, als hätte ich bei meinem Leben in Deutschland einfach auf die Pausetaste für ein Jahr gedrückt und wenn ich zurückkomme geht mein Leben wieder weiter. Vor allem das Fehlen der Jahreszeiten verstärken dieses Gefühle, den hier ist es immer warm und sonnig, jeden Tag. Und während der Regenzeit regnet es jeden Nachmittag, Wettervorhersagen braucht man hier nicht, es herrscht Dauersommer!

Ich bin also sehr froh mich für dieses Jahr entschieden zu haben und auch sehr glücklich, dass ich es in diesem tollen Land erleben darf, welches kurz vor einem Umbruch steht. Und mal sehen was ich noch alles hier erlebe und erfahre, auf jeden Fall noch eine Menge! Den das ist sicher. 

Sonntag, 21. Februar 2016

Tamarindo - Party-, Surfer- und Backpackerhimmel


Zum Abschied einer finnischen Freundin, welche dieses Wochenende nach Hause fliegt, fuhren wir über das Valentinswochenende an den Strand. Tamarindo ist ein hübscher Strand mit fast nur US-Amerikanern. Er ist für seine Wellen (der Kult-Surfer-Film Endless Summer wurde hier gedreht) und Partynächten weltweit bekannt und beliebt. Doch nicht nur Partygänger und Backpacker sind hier, sondern auch Familien und Kinder. Der Nachbarstrand, Playa Grande, ist durch einen Fluss abgetrennt, welcher voller Krokodile ist. Viele wagen sich jedoch auf dem Surfboard rüber, denn dort gibt es die besten Wellen! Mir hat Tamarindo gefallen, obwohl es touristisch ist. Aber man erwartet auch nichts anderes, aber es hat irgendwie geschafft sich seinen Charme zu erhalten. Ich verbrachte ein sehr schönes Wochenende dort, und das nicht nur wegen den superleckeren italienischen Nudeln, die ich dort, seid langem, mal wieder hatte. 

Playa Tamarindo bei Ebbe

Playa Tamarindo bei Flut

Playa Grande